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ESC 2016: Ukraine gewinnt mit sperrigem Song

Relativ überraschend, aber nicht gänzlich unerwartet kann Jamala aus der Ukraine beim ESC 2016 mit dem zwar schon modern klingenden, aber an sich doch recht sperrigen Titel ‚1944‚ den Sieg für sich verbuchen.

Dabei hat die Ukraine weder das Juryvoting, noch das Televoting gewonnen, sondern belegte jeweils Platz 2 und kam zusammen auf glückliche 534 Punkte, die für den Sieg am Ende ausreichten.
Die Australierin Dami Im wurde beim Televoting überraschend nur Vierte und erreichte trotz des Sieges beim Juryvoting insgesamt nur 511 Punkte und damit Platz 2. Denkbar knapp setzte sich die Ukraine also durch. Fotofinish sozusagen. Es war der knappste ESC Sieg der jüngeren Vergangenheit.

Jamala mit der ESC 2016 Grand Final Performance von ‚1944‘:

Relativ schwer unter die Räder kam Russland beim Juryvoting. Die übertriebene Videoshow wurde nicht goutiert. Die Punkteausbeute war hier so gering, dass Russlands Sergey Lazarev trotz Sieg beim Televoting am Ende mit 491 Punkte nur Dritter wurde.

Das neue Votingsystem offenbarte eklatante Schwächen, denn die hochgradig unterschiedlichen Bewertungen zwischen Jurys und TV Publikum, die nun offen zu Tage treten, sind zwar aus Sicht der Transparenz gut, zeigen aber auch jedem eben diese oft sehr massiven Abweichungen der Einschätzungen sichtbar auf. Polen zum Beispiel errang Platz 3 beim Televoting, landete aber beim Juryvoting mit 7 Punkten nur um 6 Punkte besser als Deutschland auf dem vorletzen Platz.

Ein Sieg ohne Nachhall?

Dem diesjährigen Siegertitel ‚1944‚ von Jamala müssen wir leider Chartfähigkeit rundweg absprechen. Das wird nichts werden. Es ist schwer vorstellbar, dass ‚1944‘ bei deutschen Radiostationen großflächig zum Einsatz kommen wird, wenn überhaupt. Bei Spotify würde es uns ebenfalls mehr als wundern, wenn Jamala dort gut abschneiden sollte.
ESC Sieg hin, oder her. In 2 bis spätestens 3 Wochen ist Schicht im Schacht.

Auch der russische Beitrag wird keinen nachhaltigen Nachklang in den Charts haben. Wir erwarten Dami Im vor Jamala und vor allem länger in den Charts.
Kommerzielle Gewinner des ESC 2016 werden auf jeden Fall aber anderen sein!

Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Nachfrage nach den Songs bei iTunes in Deutschland so lala. Mindestens ebenso auffällig, wie die Unterschiede zwischen den Bewertungen von Jurys und TV Publikum sind die Unterschiede zwischen dem Kaufverhalten der mehrheitlich junger Käufer/innen und der Bewertung der ESC Songs durch das allgemeine TV Publikum. Diese Unterschiede sind riesig.

Kurz nach Mitternacht (als der ESC 2016 Sieger noch nicht feststand) war Frans aus Schweden mit ‚If I Were Sorry‚ auf einem ganz starken Platz 3 und Platz 127 der in Deutschland mit Abstand bestplatzierte ESC 2016 Finaltitel.

Frans mit der ESC 2016 Grand Final Performance von ‚If I Were Sorry‘:

Es folgte auf Platz 11 Unglücksrabe Jamie-Lee. Sie belegte im ESC 2016 Finale den allerletzten Platz!
Dami Im lag mit ‚Sound Of Silence‘ auf einem doch eher schwachen Rang 35,
Barei aus Spanien: Platz 48,
Zoe (‚Loin d’ici‘) auf 49.
Jamala hangelt sich auf einen für nen Siegertitel enttäuschenden Platz 53,
der Lette Justs Sirmais (unser Favorit) schafft es mit seinem ‚Heartbeat‘ erfreulicherweise auf Rang 63,
Amir aus Frankreich: Platz 69,
Douwe Bob (Niederlande) Rang 80,
Italiens Francesca Michielin Rang 83,
und auch wonneproppen Laura Tesoro aus Belgien gelingt mit ‚What’s The Pressure‘ mit Platz 99 der Sprung in die Top 100. Laura Tesoro kommt übrigens in Australien ‚extrem‘ gut an. Laura war als erster ESC Act aller Zeiten schon VOR dem ESC Finale in den australischen iTunes Top 100 platziert und befindet sich aktuell dort auf einem sensationellen Rang 56. (Dami Im liegt ‚down under‘ auf Rang 3, ansonsten ist dort keiner der anderen ESC 2016 Finaltitel innerhalb der Top 100 notiert). Für uns ist daher Lauras Song einer der Titel, der vielleicht ein längeres Chartleben haben wird.

Laura Tesoro mit der ESC 2016 Grand Final Performance von ‚What’s The Pressure‘:

Hochgradig seltsam finden wir es, dass sowohl der russische Beitrag, als auch der polnische Beitrag die Top 100 in den deutschen iTunes Charts verfehlt haben, obwohl sie beide doch die meisten Votingstimmen aus Deutschland bekommen haben (Russland 1., Polen 2.).

Grösster kommerzieller Gewinner des ESC 2016 Finales ist, so wie das vorher auch absehbar war, der US-amerikanische Sänger Justin Timberlake, der famos aufgelegt als Intervalact seine neue Single ‚Can’t Stop The Feeling‚ präsentierte. Die Verkaufszahl des Songs hat sich bei iTunes Deutschland bis kurz nach Mitternach verdoppelt (+100%). In England gewann er 40%, in Frankreich 50% hinzu. In Spanien verdreifachte sich die Verkaufszahl.
Europaweit erhöhte sich die Verkaufszahl des Titels um derzeit rund 70%. So sehen Sieger aus.

Morgen im Laufe des Tages wird sich Weiteres zeigen. Wir werden berichten!

OLJO-Team

View Comments

  • Moin aus Hamburg!
    Der Frustalkohol ist weitestgehend abgebaut... Sehr schade, dass es wieder der letzte Platz geworden ist. Rein stimmlich hat Jamie Lee ihren besten Auftritt mit dem Lied gehabt. Das Problem ist einfach der Song. Man kann nicht einfach irgendein Lied nehmen und es auf 3 Minuten stauchen. Der Beitrag muss für den ESC geschrieben werden und dabei müssen nun mal die Gesetze dieses Wettbewerbs berüchtigt werden. Das Lied muss einen Höhepunkt haben und Wiedererkennungswert haben. Man muss die Melodie auch nach drei weiteren Beiträgen summen können (versucht es mit Frans. Es klappt bei mir prima. Bei anderen offensichtlich auch. iTunes Platz 2). Singen können im Finale der letzten 26 fast alle. Das reicht dann nicht mehr, um nicht ganz hinten zu landen. Um dann am Ende zu gewinnen, muss alles passen. Kopieren wird bestraft. Zu offensichtlich alles auf Sieg zu trimmen (Russland) kostet auch die paar erforderlichen Punkte für den ersten Platz.
    Mit Jamala als Siegerin kann ich prima leben. Habe 1944 schon vor Wochen geladen und fand auch den gestrigen Auftritt am stärksten. Dazu kommt in Jamalas Fall natürlich auch die vorherige öffentliche Aufmerksamkeit, die sie hatte. In jedem Land wird in der Anmoderation der Song besonders hervorgehoben worden sein. Was konnte man da über Jamie Lee berichten? TVOG-Gewinnerin mit lustigen Klamotten. Die Promo im Vorfeld war falsch. Warum sitzt sie noch eine Woche vorher in deutschen Talkshows? Sie hätte in Schweden sein sollen und auftreten. Vielleicht hat der NDR ja noch irgendwo die Telefonnummer von Raab und erkundigt sich nächstes Jahr mal, wie Promo funktioniert. Mir tut nur am Ende Jamie Lee leid, deren musikalische Karriere hier ihr baldiges Ende finden dürfte. Auch wenn sie die Lieder ihrer CD selbst ausgesucht hat: da müssen die Profis der Plattenfirma sagen, dass sie auch andere Lieder braucht, um erfolgreich zu sein.
    Und dann auch noch so ein Mistwetter in Hamburg... Ich sollte mich wieder ins Bett legen...
    Schöne Pfingsttage,
    Kai

  • Hohe Punktezahlen beim Televoting die keine Entsprechung bei den Sales haben sind in Deutschland aber nichts Neues. Das war schon früher bei türkischen, griechischen und zuletzt russischen Songs zu beobachten. Neu ist das eigentlich nur für den polnischen Act. Da würde ich gerne wissen welche Klientel der Song in Deutschland angesprochen hat. Ich fand das Teil grausig.
    Sehr gut gefallen hat mir dagegen der georgische Beitrag. !

  • Hallo Oljo,
    ich fasse das Ergebnis mal wie folgt zusammen, so wie man sich das letztendlich vorzustellen hat. Musikalisch, stimmlich und emotional wurden bis auf zwei Ausnahmen die 'schlechteren' Beiträge schon im Halbfinale aussortiert.
    Im Finale war davon dann nichts mehr zu sehen. Die Jurywertung mit Australien auf Platz 1 interpretiere ich als Test der Jury, wie die EBU mit einem Sieger Australien umgehen würde, weil der ESC in Australien nicht stattfinden kann, da Australien kein EBU-Mitglied ist.
    Das Zuschauervoting mit Russland auf 1 und Ukraine auf 2 sehe ich als politische Botschaft "Seht mal zu, wie ihr mit diesem Ergebnis klarkommt". Beiden Votings gemeinsam war die Haltung: "Gemeinsam, gemeinsam, Hauptsache gegen Deutschland". Aus kompositorischer Sicht (und darum geht es beim ESC als Komponistenwettstreit) ist das Ergebnis für Deutschland nicht zu rechtfertigen. Schon gar nicht hat sich Jamie-Lee als Künstlerin irgendetwas vorzuwerfen. Für die Songauswahl kann sie letzten Endes nichts.
    Mal sehen, ob die Ukraine in 2017 diese Veranstaltung überhaupt stemmen kann, aber vielleicht kann sich Deutschland ja als Sponsor und Unterstützer anbieten (aus reiner Dankbarkeit für die vielen Punkte die es für Deutschland von überall gab).
    Mit überaus ärgerlichem Gruß Deutschi

    • :) das mit der Ausrichtung der Veranstaltung ist so richtig gelungen ;)
      Ich fand das Mädel hat gut gesungen - der Song war langweilig - und auch das drumherum nicht wirklich beeindruckend.
      Die vorderen Plätze würde ich ähnlich sehen - war allerdings durch Ergebnisse diverser Umfragen auch schon absehbar.
      Da wird der NDR mal ein wenig mehr überlegen müssen wenn es denn nicht in jedem Jahr der letzte Platz sein soll.
      Bei der Teilnahme an einem Vorentscheid wär Jamie-Lee bei der Finalshow nicht dabei gewesen.
      Ich würde das Ergebnis jetzt aber auch nicht wie im I-Net hin und wieder zu lesen ist unserer Angela auf´s Auge drücken wollen.
      Ich bin mir sicher ein toller Sänger oder auch Sängerin mit einem passendem Song - dann hätte es auch für Deutschland weiter nach vorne gereicht. Aber da leider DSDS kaum noch musikalisch wahrgenommen wird, haben die Gewinner - auch wenn sie mit "Live-Band" bei diversen Shows auf der Bühne überzeugen konnten, kaum eine Chance. Nur ob die Lösung THE VOICE besser ist, dass wage ich durch die letzten 2 Jahre einfach mal zu bezweifeln :) Warten wir also auf das nächste Jahr - mit vielleicht besseren Aussichten :)

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