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Jahresrückblick 2010: Musikindustrie Janusköpfig. Preise rauf – mehr 'gratis'

Das Jahr 2010 war für die deutsche Musikwirtschaft jedenfalls alles in allem ein wiedermal wohl insgesamt halbwegs zufriedenstellendes Jahr. Deutschland bleibt auch 2010 so etwas wie die Insel der Seligen…Allerdings fehlen, wie schon 2009, statistische Quartals oder wenigstens Halbjahresdaten der Industrie über die Höhe der Albumverkäufe bzw der Musikverkäufe insgesamt in Deutschland. Wir gehen davon aus, dass der ‚klassische‘ Musikabsatz (CDs + Lps + Musik DVDs) nicht gestiegen ist, vielleicht sogar leicht bis mäßig gesunken ist. Hauptargument dafür ist die 20wöchige Nummer 1 Fahrt der Unheilig Albumserie Große Freiheit. Langandauernde Nummer 1 Album Hits deuten nach langjähriger Erfahrung eher auf eine Marktschwäche, als auf einen starken Markt hin. Ähnliches ist in England zu beobachten: Dort stand die Gruppe Take That zwar in der gesamten Vorweihnachtszeit 2010 mit Rekordverkaufszahlen auf der Uk Album 1, der Gesamtmarkt brach aber im CD Bereich im Vergleich zu den Absatzzahlen der Vorweihnachtszeit des Vorjahres um fast 15% ein.
Gut entwickelte sich in Deutschland 2010 besonders der Verkauf von digitalen Musik Alben währenddessen wir vermuten, dass es beim Verkauf von digitalen Einzeltiteln im Jahresverlauf 2010 wegen Preiserhöhungstendenzen zu einer sehr merklichen Abschwächung des Wachstums in Deutschland gekommen ist. Ziel der Musikindustrie ist es anscheinend einen Standardpreis von 1,29€ je Einzeldownload quasi EURO-europaweit durchzudrücken, was (nach Abzug der Steuern) immerhin noch mindestens 10% über den US Preisen für Einzel-Downloads liegt. Wir halten einen Preis von 1,29€ je Einzeldownload für deutlich überhöht. Die sicher anhaltenden Versuche einen solchen Standardpreis am Markt durchzusetzen wird auch 2011 ungünstige Auswirkungen haben.
 

Umso widersprüchlicher andere Aktivitäten der Industrie: Gefördert werden vor allem im nicht-deutschsprachigem europäischen Ausland ausgerechnet weitgehend werbefinanzierte sehr zentralisierte on-Demand Radiodienste wie z.B. Spotify, Simfy, We7, und LastFm die alle nach Marktbeherrschung trachten. Seltsamerweise bekommt die Industrie bei ebenfalls recht zentral auf dem Markt positionierten Kaufshops (z.B. iTunes), an denen sie allerdings nicht als ‚Alles Bestimmer‘ beteiligt ist, Würgeanfälle. Nicht zu verstehen ist, dass die Industrie ihre ‚kostenlos‘ Angebote sehr drastisch ausweitet, gleichzeitig ihre Preise für einzelne Kaufdownloads aber ebenso drastisch erhöht. Wenn man sich selber durch ‚kostenlos‘ Aktivitäten den Konkurrenzdruck erhöht, so müssten nach Grundkenntnissen der Marktwirtschaft jedenfalls, die Preise doch eigentlich fallen…Leider herrscht auf dem Musikmarkt keine Marktwirtschaft, sondern eine Monopolwirtschaft, gesteuert von 4 Musikgroßkonzernen (Universal Music Group, Frankreich / Sony Music, Japan / Warner Music Group, USA / EMI, Großbritannien).
 
In Deutschland bremst zur Zeit übrigens die GEMA das Angebot von neuen werbefinanzierten On-Demand Radiodiensten erfolgreich aus. Die Gebührenforderungen der Gema pro Abspielung sind so hoch, dass sich der Betrieb solcher Dienste in Deutschland derzeit kaum lohnt. Ähnliches gilt für Österreich und die Schweiz. Musicload bietet übrigens seit Jahren eine solches Streaming Angebot an ohne damit aber einen großen kommerziellen Erfolg erzielen zu können. Die ’neuen‘ Dienste sind als Premium Versionen aber noch teurer als der von Musicload, sollen aber erfolgreicher werden…das wäre das allerneueste, das so etwas klappen könnte…
Wir wundern uns jedenfalls darüber, dass die Industrie ständig über die ‚Entwertung‘ der Musik schwadroniert, dabei selber daran aber kräftig mit Streaming Diensten federführend beteiligt ist. Janusköpfiger geht es wohl kaum.
 

In quasi allen anderen Musikmärkten ausserhalb Deutschlands muss die Musikindustrie, wie schon 2009, im immer noch wichtigsten Umsatzträgerbereich Album CDs deutliche Absatzrückgänge von 5-15% hinnehmen. Bis seltsamerweise auf Deutschland ist der Maxi CD Absatz in allen Ländern in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht. Preiserhöhungen fügten den grad erst groß gewordenen digitalen Vertriebswegen merklichen Schaden zu. Das Wachstum endete 2010 besonders bei Einzeldownloads in den USA abrupt. In England schwächte es sich auf einen einstelligen Prozentwert ab. Trotz des geringen Wachstums wuchsen die Einnahmen der Musikindustrie auf Grund der Preiserhöhungen aber in beiden Ländern beträchtlich.
Wachsende Einnahmen gibt es für die Industrie auch im weiten Feld der ‚anderen‘ digitalen Vertriebskanäle, z.B. durch Musikvideodienste wie z.B. Youtube und auch in eingeschränktem Maße durch zahlreiche On Demand Radio Streaming Dienste. Das kann den Verlust durch sinkende CD Album Verkaufszahlen aber bei weitem nicht ausgleichen. Haken an der Sache ist, dass die Künstler (Komponisten, Tecter, Sänger usw) von diesem Wachstum relativ wenig sehen. 1 Mio Abspielungen bei einem Radio On Demand Dienst bringen gerade mal mickrige 1.000 US-$ ein. 1 Mio Abspielungen erreichen nur Stars wie Lady Gaga, Rihanna, oder Katy Perry. Für die allermeisten Titel bleiben da nur Peanuts.
 
Gewinnträchtiger erscheinen dagegen Videoabspielungen mit vorgeschalteter Werbung. In diesem Bereich sind die Einnahmen weitaus höher, als bei schnöden Radio on-Demand Diensten. Schätzungen gehen von 5.000 bis 25.000 US-$ je 1 Mio mit Werbung ausgesatteter Videoaufrufe aus. Top Hits bei Youtube schaffen durchaus mal mehr als 50 Mio Abspielungen in nur 1 Jahr (Bad Romance: über 150 Mio). Es wird erwartet, dass Youtube die Werbeauslieferungen im Jahr 2011 deutlich steigern wird.
 

Fazit für 2010: Die Krise der Musikindustrie setzte sich auch im Jahr 2010 unvermindert fort. Lange wird es nicht mehr dauern bis es den ersten der 4 großen Musikkonzerne ‚erwischt‘. Wie 2010 schon des öfteren zu lesen war, soll EMI in ertragsmäßiger Schieflage sein. Der anscheinend unaufhaltsame Niedergang der CD als Tonträger hält auch 2010 ungebrochen an. Ohne Zweifel stehen in den nächsten Jahren erhebliche Umwälzungen in der Musikwirtschaft an. Eine richtige Ahnung was genau passieren wird, hat aber keiner, besonders nicht die Musikindustrie selber. Uns erscheint dass die Industrie womöglich den Weg beschreiten wird, die Kunden mit teuren Streaming Abos an sich binden zu wollen. Wer eh sowieso jeden Monat zahlt, dem Muss auch nicht ständig so viel Innovatives geboten werden, eigentlich ja ideal… ‚Ewig‘ den Kunden an sich zu binden das wäre sozusagen der Traum. Ob das der Kundenwusch ist, wird sich noch zeigen. Es wird sicherlich interessant werden!

OLJO-Team

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  • Katy hat ja ueber 500.000 Downloads in den USA diese Woche verkauft. Not bad. Whats my name von Rihanna wurde mittlerweile 700.000 mal in UK verkauft und 2,2 Millionen in den USA.

  • Nächste Hammermeldung:
    Rihanna's LOUD ist das meistverkaufte Album der Welt diese Woche, vor Michael Jackson!
    Rihanna sitzt nun endlich auf dem POP-Thron!

  • EILMELDUNG: In der Silversterwoche übernimmt Katy Perry mit "FIREWORK" Platz 1 der WELT-SINGLCHARTS!
    Kein Song wurde diese Woche so oft heruntergeladen, wie FIREWORK. Der Song wurde knapp 500.000 mal gekauft!!!
    Glückwunsch KATY, und das an Silvester!!!
    Lasst endlich die Sektkorkenknallen
    Quelle: Mediatraffic!

  • Pünktlich zu Silvester: Katy Perry entert mit "FIREWORK" die deutschen TOP 10!!!
    Ihr Song steigt in den offiziellen deutschen Singlecharts von der 11 auf die 9 und ist damit ihr 3. TOP 10 Hit 2010! Damit koppelte sie von ihrem TOP 5 Album "Teenage Dream" 3 Top 10 Hits aus.
    Bei Itunes Deutschland und Musicload in der Song sogar in den TOP 5!!!
    Itunes: Platz 5
    Musicload: Platz 4
    Wann knallt's endlich?

  • Doch, Auszeichnungen können schon für Auslieferungen verliehen werden. Allerdings geschieht das nur, wenn zu erwarten ist, dass die erforderliche Menge später auch tatsächlich verkauft wird. Ansonsten kann es nämlich peinlich werden, wie vor ein paar Jahren mal bei Westernhagen, wo eine aufgrund der Auslieferungen verliehene Auszeichnung später wieder zurückgenommen wurde, weil die erforderliche Marke bei den Verkäufen nicht erreicht wurde.

  • @Guy Incognito
    Dass in Deutschland Auszeichnung (auch) nach ausgelieferten Exemplaren verliehen werden wär mir jetzt komplett neu. Ist das wirklich so? Kann ich fast nicht glauben!? In Amerika ist es ja definitv so, da heißt es immer "for shipped...", aber hier hab ich noch nie irgendwie sowas wie "für ausgelieferte..." gelesen sondern immer "für verkaufte...". Maffay und/oder Lena für ihre Alben (beide definitiv mehr als 400.000 verkauft) bzw. Shakira und/oder Lena für ihre Singles (definitv mehr als 600.000 verkuft) hätten doch dann bestimmt schon die nächste Auszeichnungsstufe erreicht wenns um ausgelieferte Exemplare ginge!

  • Der Zeitraum für den Echo liegt soweit ich weiß nicht bei Oktober-Oktober. Da die Verleihung ja immer im Februar/März ist werden die Verkäufe zeitnäher ausgewertet...

    In Sachen CD-Verkäufe bei Singles: Deutschland ist da zwar wohl inzwischen der mit Abstand größte Markt in Europa, aber auch hier brechen die Verkäufe so langsam weg... zumindest in bestimmten Genres. Bei "Barbra Streisand" zB waren bis zur Erreichung der Goldmarke 94% Downloads.

    @ Salem zu Andrea Berg: Eine Gold-Auszeichnung bedeutet ja nicht, dass so viele Exemplare verkauft wurden, sondern erstmal nur, dass sie an den Handel ausgeliefert wurden.

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