Eurovision Blues: ESC Sieger Ell & Nikki stürzen in den Charts ab. ESC Songs im Radio boykottiert!

Nur das erwartete kurze Chartleben ist den allermeisten durch das Finale des Eurovision Song Contest bekanntgewordenen Songs zu Teil geworden.
Jedward können sich mit ihrem einfach gestrickten Popsong Lipstick am Besten halten. Doch nach 8 Tagen an der Spitze der iTunes Deutschland Charts fallen die Zwillinge aus Irland auf Rang 2 zurück. Platz 1 hat das US Projekt LMFAO erobert, die mit dem Dance Song Party Rock Anthem knapp die Nase vorn haben. Auf Rang 3 hält sich anscheinend vom Abwärtstrend befreit, der DSDS 2011 Sieger Pietro Lombardi (Call My Name)
Viel übler, als Jedward hat es in den deutschen iTunes Charts (und den Charts anderer deutscher Musikdownloadshops) all die anderen Songs des ESC 2011 Finales erwischt.
Im letzten Jahr zum selben Zeitpunkt waren noch drei Songs aus dem ESC 2010 Finale in den deutschen iTunes Top 10. In diesem Jahr ist es nur einer. Schon im Vorfgeld hatten wir vermutet, dass nicht viel dauerhaft chartfähiges Material den Charttest am Markt bestehen wird. (Das liegt nicht unbedingt an der Qualität der Songs, sondern eher einfach an der Marktsituation)
Besonders hart erwischt hat es die Eurovisionssieger 2011 Ell & Nikki aus Aserbaidschan. Ihr Song Running Scared stürzt tief und gnadenlos auf einen enttäuschenden Platz 33.
Etwas besser halten können sich noch die britische Ex-Boyband Blue, die mit I Can auf 20 liegt, A Friend in London aus Dänemark sind auf 24. Eric Saade aus Schweden belegt Position 27.
Auch Pophoffnung Getter Jaani aus Estland fällt mit ihrem Popsong Rockefeller Street von der Tagescharthöchstposition 23 auf nur noch Rang 63. Trotzdem ist der Song einer der in Deutschland bestverkauften Songs, die im ESC Finale Vorletzte wurden.
Nur noch 6 der 24 Finalsongs halten sich heute noch in den iTunes Top 100 auf.
Ebenfalls einen harten Rückschlag erlitt der ESC Finaleröffnungssong Satellite (Rockabilly Version). Stefan Raab findet sich heute auf dem Boden der Tatsachen wieder. iTunes meldet Platz 40.

 
Hinderlich am Trackchartserfolg der ESC Songs erweist sich zum wiederholten Male das ESC Album. Auch in diesem Jahr ist das ESC Album in der Woche des ESC Fianles das am meisten downgeloadete. Allein als Download wurde das Album geschätzte 10.000 mal gekauft.
Auch als CD fand das Album sehr viele Käufer. Bei Amazon Musik CD Charts war es mehrere Tage nach dem Finale auf der 1 geführt. Der Gesamtabsatz (Downloads + CDs) könnte bei ca 50.000 gelegen haben (wenn nicht sogar mehr). Trotz der guten Verkaufszahlen bleibt für die 43 Interpreten und Komponisten/Texter, die auf diesem Album versammelt sind, nicht viel in der Tasche. (ca 1.000 € je Interpret und ca 1.500 € je Komponist). Hinzu kommen dann noch die Einnahmen aus dem Einzelverkauf.
Der heimliche Sieger des ESC 2011:
Überraschender kommerzieller Hauptprofiteur des ESC Finales ist, neben Lena Meyer-Landrut, jedoch niemand anderer als der Italiener Raphael Gualazzi. Warum? Weil er der einzige ESC Finalteilnehmer ist, der sein Album in die deutschen Charts bringen konnte. Mehrere tausend Einheiten seines Albums Reality And Fantasy wurden in den letzten Tagen in Deutschland verkauft. Auch heute rangiert das Album auf einem guten Platz 39 in den Amazon Musik CD Charts. In den iTunes Album Charts befindet sich ‚Reality And Fantasy‘ auf Platz 55.
Raphael Gualazzi ist somit neben Lena Meyer-Landrut der einzige ESC 2011 Finalteilnehmer, der in der Woche nach dem Eurovision Finale auf knapp über 10.000 € an persönlichen Einnahmen durch den Tonträgerverkauf in Deutschland kommt.

 
Boykott, die zweite:

 
Bedauerlich ist, dass die deutschen Radiostationen, grad auch die öffentlich-rechtlichen, den schon im Vorfeld lauthals verkündeten Boykott von Eurovision Songs knallhart durchziehen. Da jammern Bohlen & Co auf vergleichsweise sehr hohem Niveau.
Es gab zwar einige Aspielungen der ESC 2011 Finalsongs, doch deren Zahl sank im Lauf der Woche stark ab. In der am Freitag gestarteten neuen Chartwoche spielen sie quasi keine Rolle mehr. Am meisten abgespielt wurde eh Taken By A Stranger.
Selbstverständlich ist es so, dass auch ESC Sieger, oder andere Eurovision Teilnehmer, keine automatische Abspielberechtigung im deutschen Radio haben. Genau das Gleiche trifft ja auf Dieter Bohlens DSDS Songs zu.
So kann klar aufgezeigt werden, dass Bohlens Kritik voll ins Leere läuft. DSDS ist mitnichten das einzige Format, dass trotz Charterfolg unter einem Boykott deutscher Radioredakteure zu leiden hat. Dabei sollte man eigentlich annehmen, dass die ARD an einem länger anhaltenden Erfolg der Vertreter ‚ihres‘ Formats ESC gelegen sein müsste. Dem ist aber beileibe nicht so.
Als Gegenargument kann man aufführen: Seichter Pop aus Amerika ist laut Radioredakteuren also per se ‚besser geeignet und automatisch beliebter bei den Hörern‘ als ebensolche Werke aus Deutschland, oder Europa? Dieser Behauptung dürften wohl die wenigsten zustimmen.

 

OLJO-Team

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  • @Oli

    das ist aber ganz schön pssimistisch zu glauben, das GAGA-Album wäre das beste und erfolgreichste des Jahrzehnts. Das Jahrzehnt hat ja gerade erst begonnen, deiner Aussage zufolge könnten wir ja dann die nächsten 9 Jahre musikalisch knicken.

    Ob's wirklich das erfolgreichste Album wird, wage ich zu bezweifeln. Die 12 Mio verkauften Exemplare des Vorgängeralbums sind zwar nicht wirklich schlecht, aber auch nicht wirklich herausragend. 1Ein Album 12 Mio mal zu verkaufen haben auch schon viele andere Künstlerinnen geschaft...ab 30 Mio wird's interessant, da gibt's dann nicht mehr so viele die das geschaft haben.

  • Kein Wunder, dass gelegentlich die Leute "irgendwo" downloaden. Auch ich will Erics Album haben und werde es auch bekommen. Wieso kann man den ESC-Hype nicht eine Weile pflegen`Jeder sche*** Fußballsong wurde gehypt. Von FLAG bis WAKA ...

    Die große Langweiligkeit von NDR2 bis BR3 ist doch echt jedem bekannt. Diese Selbtgerechtigkeit und belanglose Liederauswahl ohne Mut und Ecken und Kanten machen Radio unspannend. Radio ist dadurch out und unattraktiv geworden, da alle das gleiche Mittelmaß spielen - selbstzerstörerisch und ... selbst schuld.

    • Hi Benny
      nunja die Aspiellisten vieler Sender werden ja durch ausgeklügelte Umfragsysteme von Meinungsforschungsinstituten erstellt. Das ist z.B. auch bei Radio BBC 1, dem bedeutendsten Popsender Englands so. Der Chef von BBC 1 hat neulich in einem Interview gesagt, wenn man nur den Radio DJs selber die Songauswahl gestatten würde, die Zuhörerzahl rasch um bis zu 80% sinken würde. Problem ist, dass im Grunde alle Sender mehr oder weniger 'das Gleiche' spielen wollen. In den USA ist das durchaus anders, da in den Metropolregionen eine sehr diversifizierte Radioszene. In Deutschland ist das anders, vielleicht bis auf die Hauptstadtregion Berlin. Man muss ich das mal auf der Zunge zergehen lassen, dass es im größten mitteleuropäischen Ballungsraum Rhein-Ruhr (10 Mio Einwohner) gerade mal zwei Radiosender im Popbereich senden (Radio NRW mit zahlreichen lokalen Niederlassungen, aber mit einem gemeinsamen Rahmenprogramm und EinsLive). Konkurrenz Fehlanzeige. Das Beispiel Stuttgart zeigt, dass Konkurrenz alleine aber auch nicht unbedingt eine bessere Radio Szene erzeugt. Wenn alle den 'Geschmack der Mitte' spielen ist es irgendwie auch langweilig.

      LG
      Dean
      OLJO-Team

  • Nun ich fand ausser Lena und dem Italiener alles sehr durchschnittlich, habe mir heute ein paar mal die neue CD von Gaga angehört - 17 Songs die textlich und stimmungstechnisch total überzeugen. Ein Century Album, Americano und You and I sind sichere Top 3 Hits weltweit, Wenn man das z.b. mit Runnign scared vergleicht muss man mit dem Kopf schütteln.Raphael Gualazzi habe ich mir auch gekauft und die Stimmung dieses Albums ist genial. Leider nicht ganz so chartfähig aber over the top.

  • Die Welt im GAGA-Fieber:
    Bitte liebes Oljo-Team, startet endlich den Countdown (extra Bericht) und informiert uns ab heute nacht bzw. morgen über den Verkaufsstart des besten und erfolgreichsten Albums des Jahrzehnts. Ich will Infos und Fakten von Euch!

    • Hi Oli
      ganz genau DAS machen WIR nicht. Wir werden uns zu gegebener Zeit mit diesem Album sachlich fundiert auseinandersetzen :-)

      LG
      Dean
      OLJO-Team

  • Man muss nicht immer alles so negativ sehen. Das mit dem Album finde ich eigentlich fair und Kundenfreundlich. Gerade in einem Jahrgang mit hoher Durchschnittsqualität ist so etwas prima.
    Viele Dudelradiostationen spulen halt stur Woche für Woche ihr Standardprogramm aus "Superhits" der letzten 30 Jahre ab eventuell angereichert mit Stücken aus den Top 20 der aktuellen Media Control Charts.
    Alles andere wird nur mal gelegentlich eingestreut, eventuell auch nur auf ausdrücklichen Hörerwunsch.
    Von Spezialsendungen mitten in der Nacht mal abgesehen. Experimente werden im Tagesprogramm nicht gemacht. Traurig aber wahr.
    Ersteinmal bringt der ESC den Teilnehmern halt vor allem Bekanntheit. Ob man daraus Kapital schlagen kann hängt vom Künstler selber ab. Wie die Beispiele Lena und Rafael Gualazzi zeigen ist es da wohl eine sehr gute Idee wenn man auch pünktlich ein neues Album mit guten Songs am Start hat. Wenn man ein brauchbares Konzertprogramm für eine kleine Europatournee vorbereitet hat könnte man wahrscheinlich noch etwas mehr herausholen. Eine gute Platzierung vorausgesetzt.

  • Bei Eric Saade ist es so, dass sein Popular erst am Freitag diese Woche bei amazon und musicload freigeschaltet wurde... bei Itunes wurde es, als es auf Platz 6 war abgemeldet, und man konnte es ned mehr laden, erst seit Freitag wieder.. deshalb ist es so gefallen.

    Übrigens haben Ell und Nikki Jedward und Eric Saade einen Deutschen Platenvertrag unterschrieben.

    Eric wird am 28. Juni sein Album Saade Vol. 1 rausbringen, ob es dann bei uns als Download oder auch als CD zu erwerben gibt, weiß ich nicht.

    Ich würde es mir aber kaufen, der Typ ist klasse *-*

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