Eine bei einem kalifornischen Gericht eingereichte Klage des US Rappers RBX (bürgerlicher Name Eric Dwayne Collins, er ist ein Cousin des weltbekannten Rappers Snoop Dogg) gegen Spotify macht derzeit in der Musikbranche eine große Welle. Der Rapper RBX bezichtigt per Klage den Musik-Streamingdienst Spotify nicht genügend unternommen zu haben und zu unternehmen, um „Streaming Betrug“ auszumerzen. Er bzw. seine Anwälte beziehen sich dabei konkret auf die Streamingzahlen des kanadischen Rap-Kollegen Drake (der mit ca 120 Mrd Audiostreams bei Spotify der meistgestreamte Künstler überhaupt ist). RBX behauptet in der Klageschrift, dass es sich möglicherweise bei mehrere Milliarden Streams des Rappers Drake um Fake Streams handelt, die angeblich von Botnetzwerken künstlich erzeugt worden sind.
Zu Erläuterung: Botnetzwerke erstellen Free Accounts in großer Zahl bei Spotify (die anders, als Premium Accounts, die üblicherweise durch eine tatsächlich bestehende Kreditkarte bzw Kontonummer verifiziert sind) anscheinend nur unzureichend gegen automatisierte Verfahren der Kontonutzung gesichert sind. Die offensichtlich unzureichende Sicherung machen sich die Botnetzwerkbetreiber zu Nutze. Spotify gibt selbst zu, dass es mitunter nennenswerte Probleme mit künstlich erzeugten Streams gibt.
Spotify behauptet streng und ’schnell‘ gegen Streaming Betrug vorzugehen. Stimmt das denn? Wir können leicht beweisen, und jeder der will und es einordnen kann, der kann es sogar selber selber schwarz auf weiss sehen, dass Streamingbetrug bei Spotify sogar in erkennbaren Ausmaß möglich ist.
„Beweise“ für Streaming Betrug?
Betrug, oder nicht? Unser mutmaßlicher Hauptbeweis ist die Spotify Chart Luxemburg, einer der wenigen Quellen, bei denen Spotify selbst offenlegt, dass mutmaßlicher Betrug in relativ großem Stil möglich ist.
Wir verweisen auf die Nummer 1 bei Spotify Luxemburg in der Woche endend am 16.10.2025.
Dabei handelt es sich um einen Track eines völlig unbekannten Acts aus Nigeria. Dieser Track wird in der Spotify-Wochenchart Luxemburg (10.10.25 bis 16.10.25) mit fast aberwitzigen 117K Streams auf PLATZ 1 angezeigt. Der Track übertraf damit den in Luxemburg beliebtesten Song, den Welthit ‚The Fate Of Ophelia‘ von Taylor Swift, um fast das DREIFACHE. Das ist aus unserer langjährigen Beobachtung der Luxemburg Spotify Chart schlicht ein Ding der Unmöglichkeit. Diese Nummer 1 kann nicht der Wahrheit entsprechen.
Übrigens befindet sich auch auf dem Wochen-Platz 2 ein Track, der möglicherweise per Fake-Streams dorthin gebracht wurde. (es handelt sich um einen 3 Jahre alten Track eines Rap-Acts aus den USA).
Bei beiden Tracks könnte es theoretisch aber sein, dass es Werbeschaltungen für Spotify-User in Luxemburg gegeben hat (was wir aber auf Grund des dafür wohl nötigen Geldaufwands als ziemlich unwahrscheinlich erachten und auf Grund des maximal möglichen Werbebudgets nicht zu 5 oder 6 stelligen Streams in Luxemburg führen kann). Mehr zu Werbeschaltungen und Spotify am Ende des Artikels!
Chartverlauf des Tracks des unbekannten Nigerianers (Spotify Tageschart Luxemburg): 10.10.25 bis 18.10.25. Diese Chart enthält üblicherweise 80 bis 100 Tracks.
neu auf 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 0 (Exit) – 0
Der Track erreichte tageweise in der Spitze fast das 5-fache an Streams wie Fate of Ophelia…Nach 7 Tagen verschwand der Song aus der Chart…
Chartverlauf von des auf Nummer 2 der Wochenchart Luxemburg (enden am 16.10.25) gelisteten Tracks:
0 – neu auf 2 – 2 – 3 – 2 – 4 – 0 (Exit) – 30 (re) – 0 (Exit)…
Aber gemach, es gab in der Folgewoche (endend am 23.10.25) natürlich Nachschub. Dabei handelt es sich um einen Track eines unbekannten US Rappers, der in der Woche bis 23.10.25 als Spotify Luxemburg Wochen Nummer 1 gelistet wurde, was auch noch von diesem Rapper auf seinem Instagram Account gepostet wurde.
Bei allen oben erwähnten Tracks gilt der Fact, dass diese in der für Luxemburg sehr aussagekräftigen Apple Music Chart (die 100 Titel enthält) never ever aufgetaucht sind. Es gilt aber die ewige Regel, dass jeder Track, der bei Spotify Luxemburg auf der 1 oder 2 liegt, gleichzeitig zwingend IMMER auch in der Apple Music Chart Luxemburg sehr hoch bis hoch vertreten sein muss . Es gibt KEINE Ausnahmen, außer bei einer künstlich erzeugten Abnormität. Bei Apple Music Luxemburg konnten wir, anders, als bei Spotify, noch keine Abnormitäten feststellen.
Streaming Betrug ohne Wissen und Zutun der Betroffenen?
Unklar ist, ob die Artists, und/oder Artist-Label überhaupt wissen, dass ihre Songs z.b. in Botnetzwerk-Playlists zirkulieren. Wir haben von Fällen deutscher Small-Artists Kenntnis erhalten, die plötzliche explosionsartige Streaming-Anstiege für einen ihrer Songs beobachtet hatten, und das auf eine mutmaßlich botgesteuerte Playlist zurückführen konnten. Das wurde Spotify auch umgehend gemeldet. Solche Bot-Playlists werden erstellt, um zu verschleiern, wer eigentlich gezielt gepusht werden soll. Problem ist, dass ein unwissendes Opfer der Gefahr ausgesetzt ist, bei Spotify wegen Streaming Betrug gesperrt zu werden, zumindest aber der von einem hohen Anteil betrügerischer Streams betroffene Track für immer gesperrt wird. Spotify kann sogar Künstler-Accounts, bei denen Spotify abnormes Streaming feststellt, vollständig schliessen. Darüber hinaus nehmen solche Tracks natürlich nicht an den Royalty Ausschüttungen teil, sondern bleiben unvergütet.
Leider scheint es aber so zu sein, wie die Luxemburg Charts ganz klar zeigen, dass Spotify nicht genug gegen künstlich erzeugte Streams macht. Wie sonst könnte man erklären, dass mutmaßlich künstlich gepushte Tracks auf utopisch hohe Streams in Luxemburg kommen können und das auch noch in den von Spotify selbst veröffentlichten Charts dokumentiert wird. Spotify teilt auf seiner Webseite mit, dass Tracks deren Abspielungen ÜBERWIEGEND aus betrügerischen Aktivitäten stammen gesperrt werden und zudem eine 10€ Strafe je betroffenem Track fällig wird.
Wie mit Tracks verfahren wird, bei denen betrügerische Aktivitäten ‚relativ gering‘ sind, teilt Spotify allerdings erstaunlicherweise nicht mit. Und genau darum geht es in der Klage von RBX vs Spotify.
Die von RBX gegen Spotify eingereichte Klage behauptet, dass Spotify Royalties für Streams des Künstlers Drake gezahlt hat, die auf betrügerische Weise erzielt wurden und somit alle anderen Künstler eine niedrigere Vergütung erhalten haben. Diese anderen Künstler könnten daher Recht auf Schadensersatz haben. Dabei verhält es sich so, dass die Drake Songstreams nur zu einem kleinen Teil, möglichweise weniger als 10%? und nun durch die Klage beanstandete mutmaßlich betrügerische Aktivitäten zu Stande kamen. Allerdings wäre halt 10% von 120 MRD Streams die stolze Summe von 12 MRD Streams (diese entsprechen Royalties in Höhe von mindestens ca 10 Mio US$ (100% Freestreams) bis theoretisch an die 90 Mio US$ bis 100 Mio US$ (100% Abonnenten-Streams). Soweit man weiss, wird Streaming-Betrug meist durch sogenannten Free-Accounts vorgenommen, die anscheinend relativ leicht in großer Zahl künstlich erstellt werden können. Es soll laut Klageschrift Accounts gegeben haben/geben, die 23h lang ununterbrochen Drake Songs ‚abgespielt‘ haben. Dabei soll die Geolocation des Accounts zwischen zwei abgespielten Songs (also 3 Minuten) mitunter über 5.000 km auseinandergelegen haben.
RBX beklagt eine angeblich stillschweigende Duldung von Streaming Betrug seitens Spotify (sofern sie je Track nicht ein bestimmtes Level überschreiten). Wie RBX an die Daten gelangt ist, das ist unbekannt. Auch ob diese korrekt sind, ist unbekannt.
Wie du mir, so ich Dir?
Bei dem indirekt nun Drake betreffenden Fall ist interessant, dass Drake selbst kürzlich die Plattenfirma des Rapkollegen Kendrick Lamar per Klage bezichtigt hatte die Streams für den Lamar Song ‚Not Like Us‘ künstlich (per Botnetzwerke) in der Startphase des Songs in die Höhe getrieben zu haben. Er scheiterte aber vor Gericht, da Drakes Anwälte keine das Gericht überzeugende Nachweise für den Tatvorwurf vorlegen konnten.
Unklar ist, ob RBX und seine Anwälte nun über stichhaltigere Beweise verfügen. Die Klage ist auch gar nicht konkret gegen Drake gerichtet, sondern gegen Spotify (Drake ist sozusagen nur so eine Art von Beispiel). RBX behauptet unter anderem, dass Spotify gar kein besonders großes Interesse an der Botnetzwerk-Bekämpfung hat, da die Höhe der Werbepreise von der Anzahl der erreichten Song-Streams bzw. der monatlichen Hörerzahl bestimmt würde. Bot-generierte Streams würden laut RBX‘ Vorwurf das Streamingaufkommen und somit direkt auch die Werbeeinnahmen von Spotify erhöhen. Spotify hätte an wirtschaftliches Interesse an höheren Werbeinnahmen.
Erläuterung: Werbefinanzierte Free Streams machen aber eben halt ’nur‘ 13% bis 15% der Gesamteinnahmen von Spotify aus. Knapp 85% machen die Abonnenten-Zahlungen aus. Nur 1% bis 2% stammen, laut Spotify Geschäftsbericht, aus anderweitigen Einnahmen, darunter sonstige Werbeeinnahmen. Dazu mehr im nächsten Absatz!
Bot-Netzwerk Streaming Betrug ist ein Problem, aber wie sieht es Inside-Spotify denn aus?
Weiter interessant ist, was Spotify unternimmt, dass z.b. von einem Act/Label nicht Geld verlangt, oder ein Artist/Label Geld zahlt, um in einer beliebten und kuratierten Spotify-Playlist mit einem Track in die Liste aufgenommen zu werden. (offiziell ist das Geld verlangen bzw. Geld zahlen für eine Aufnahme in eine Playlist laut Spotify Nutzungsbedingungen verboten, aber wie wird das kontrolliert?…).
Auch sollte man die von Spotify selbst verkauften Werbeplatzierungen (z.B. von Spotify verkaufte Showcase Werbung) in die Gesamtbetrachtung einbeziehen. Die Showcase Ads von Spotify sind ein teurer Spaß. Jeder User-Click auf so eine Werbung kostet bis zu 0,45US-$ (man kann aber Länder targeten, bei denen sehr deutlich geringere Preise verlangt werden). Der daraus wahrscheinlich resultierende Stream bringt aber nur 0,001 bis 0,007 $ (bei einer Albumbewerbung könnten auch mehrere Streams dabei herauskommen). Maximal dürfen je 2 Wochen Kampagne jedoch nur 10.000 $ investiert werden. Das entspräche aber immerhin mind. ca. 25.000 Streams als Outcome.
Ebenfalls zu dem Thema passt die angeblich algorithmus/KI-gesteuerte neue Smart Shuffle Funktion von u.a. privaten Playlisten bei Spotify. Aktiviert man als Spotify Nutzer diese Smart Shuffle Funktion werden in eine aktuell abgespielte private, oder öffentliche Playlist irgendwelche angeblich dazu passenden Empfehlungen zufällig ‚eingestreut‘ (wobei Häufigkeit und Anzahl der Einstreuungen nicht spezifiziert werden). Das bietet natürlich die Möglichkeit Abspielzahlen für Tracks/Songs ohne aktives Zutun der Nutzer drastisch aufzublähen. Auch sowas wäre eine künstlich erzeugte Abspielzahlerhöhung, da es ohne jedes Tun des Nutzers erfolgt. Allerdings abgesegnet durch Spotify…
Erläuterung: Was bedeuten eigentlich 10% mehr Streams, die per Botnetzwerke o.Ä. erzielt wurden?
Sofern die künstlich erzeugten Streams unentdeckt bleiben könnten so 10% zusätzliche Royalty Vergütungen erzielt werden. Außerdem kann das bedeuten, dass die Chartposition eines Songs drastisch verbessert werden kann.
Beispiel: 10% zusätzliche Streams durch Botnetzwerke erzeugt bedeuten für den am 04.11.25 mit 67. 334 Streams auf Rang 200 der Spotify DEUTSCHLAND Tageschart befindlichen Track ‚Ma Baby‘ des Rappers Jazeek, dass Ma Baby nicht auf Rang 200 zu finden wäre, sondern mit dann mit 67.334 + 10% (6.733) = 74.067 Streams auf Rang 151 einlaufen würde. Das ist ein Unterschied von 49 Positionen.
Ein Song knapp ausserhalb der Top 100 (z.b. am 04.11.25 auf Rang 110) könnte mit 10% mehr Streams bis auf Platz 83 vorstoßen und könnte, sollte das 7 Tage andauern, dann sogar innerhalb der Musikindustrie Wochenchart Top 100 von GfK auftauchen, was einen nennenswerten Boost darstellen könnte (früher aber mehr als heutzutage).
Übrigens: 6.733 Bot-Streams auf Spotify LUXEMBURG gezielt ‚gebucht‘ hätten dort am 4.11.25 für den Tages Platz 1 gereicht (und zwar mit fast 50,2% Vorsprung vor Platz 2, dem Welt-Hit ‚Golden‘)…






