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verfasst von OLJO-Team

Musik Rückblick 2009: Schlimmste Nachwuchskrise in Deutschland seit 1950

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So wenig Talent wie 2009 war noch nie! Ein Rückblick:
Höchst unzufriedene Ergebnisse brachte 2009 der Bereich neue deutsche Musiktalente. Die Zahl neuer deutscher Musik Acts, die es 2009 erstmals in die deutschen Charts (Single, oder Albumcharts) gebracht haben, war so niedrig wie noch nie. Einen größeren Album Hit (mehrere Wochen Top 10) konnte überhaupt kein neues deutsches Talent erreichen. Im Single Bereich kann man Talente die es mehrere Wochen in die Single Top 100 geschafft haben quasi sogar an fünf Fingern abzählen.
Etwas besser sieht es bei den Viewzahlen von Musikvideos aus. Viele deutsche Talente, die zwar gute Viewzahlen erreichen konnten (z.B Kitty Kat, oder Blumio) waren jedoch in den Charts nur unter ferner liefen zu finden. Als Video viel gesehen waren in erster Linie Hip Hop & deutsch-Rap Video Produktionen die insbesondere beim mit Abstand beliebtesten deutschen Videoportal, dem von Youtube, erfolgreich liefen dann aber in den Charts völlig unter-performten.

Neue deutsche Talente die es erstmals 2009 auf 4 und mehr Notierungswochen in den deutschen Single Top 100 (Downloads) gebracht haben waren folgende:
Daniel Schuhmacher (bis Nr 1 + Album Hit)
Eisblume (bis in die Top 10)
The Baseballs (Album Hit)
Anna-Maria Kaufmann
Die Jungen Zillertaler
Paul Kalkbrenner
Matze Knoop
Axel Fischer
Miss Platnum
Dellé (bis in die Top 20)
Frauenarzt & Manny Marc (bis in die Top 10)

Wie man sieht schafften es grad mal 4 neue Talente bis in die Top 20, oder höher. Keiner der anderen gelangte in die Top 50. Ein weiteres halbes Dutzend an Talenten aus Deutschland konnte sich 1 bis 3 mal meist im unteren Bereich der Top 100 platzieren (u.a. Cherine Nouri, Linda Teodosiu, Miss Platnum und Christian Lais). Das war es aber dann auch schon. Bis auf Eisblume (Eisblumen, Das Leben Ist Schön) konnte kein neues deutsches Talent im Jahr 2009 mit unterschiedlichen Titeln die Download Single Top 100 für 4, oder mehr Wochen erreichen.

Im Single Download Bereich kommerziell erfolgreichste neue Talente sind Frauenarzt & Manny Marc (170.000 Downloads) vor Eisblume und DSDS 2009 Sieger Daniel Schuhmacher mit je um die 90.000 verkauften Tracks. Rang 4 mit gut 40.000 verkauften Downloads belegt Paul Kalkbrenner. Alle anderen verkauften jeweils weniger als 30.000 Tracks.

Eine große Menge von Veröffentlichungen aus Deutschland scheiterten in den Charts, darunter (bis auf Daniel Schuhmacher) sämtliche Veröffentlichugnen der Teilnehmer von DSDS 2009. Linda Teodosiu (DSDS 2008) brachte es auf immerhin 3 mal Top 100).

Insgesamt also ein sehr niederschmetterndes Ergebnis.

Woran liegt es, dass so wenig deutsche Talente 2009 den Sprung in die Charts schafften?
Es gibt dafür eine Reihe von Erklärungsmöglichkeiten.
An erster Stelle muss dafür ein Kostensenkungsprogramm der Musikkonzerne verwantwortlich gemacht werden. Obwohl diese Konzerne gebetsmühlenartig behaupten, sie würden eine wichtigen Beitrag zum deutschen Kulturleben erbringen (und deshalb sogar meinen sie hätten eine Mehrwertsteuerabsenkung verdient..) haben diese Konzerne die Aufwendungen für die ‚Kreativ‘-Abteilungen ihrer deutschen Niederlassungen, die in erster Linie neue Talente ausfindig machen und promoten, radikal zusammengestrichen. Dieses Stellenstreichungen haben wahrscheinlich die Folge, dass es derzeit den deutschen Niederlassungen der Musikindustrie nicht mehr gelingt dem Käufergeschmack gerecht zu werden. Vielleicht will die Industrie sowieso lieber die ausländischen Produktionen verkaufen, da diese von den Promotionskosten her für sie weitaus günstiger sind. Die deutschen Talente wurden also scheinbar schlicht ‚wegrationalisiert‘.

Weiter ist festzustellen, dass im deutschen Radio, besonders auf den Popwellen, deutsche Talente in den Haupteinschaltzeiten so gut wie gar nicht gespielt wurden. Einzig Eisblume und Dellé brachten es auf so viel Airplay, dass sie in den Radio Airplay Top 100 der Popsender gelegentlich vertreten waren, ohne dabei freilich jemals die Top 50 erreicht zu haben. Man kann daher von einem Zustand sprechen, der überspitzt formuliert, einem Boykott durchaus ähnelt. Dazu muss gesagt werden, dass die Zahl der neuen deutschen Acts denn doch so gering war, dass die Sender kaum Auswahlmöglichkeiten hatten.

Zum Dritten kommt der Konsument mit ins Spiel. Die deutschen Musikkäufer zeichneten sich im Jahr 2009 dadurch aus, dass sie neue Talente weitestgehend links liegen ließen, obwohl ihnen viele durch Videopromotion bekannt waren. Ganz besonders schlecht schnitten sämtliche Hip Hop und Rapneuproduktionen ab, von denen es eine vergleichsweise große Zahl gab. Dies führte zu einem Label Sterben (u.a. gab AggroBerlin auf).
Im Schlagerbereich sieht das ganze ein wenig anders aus. Da es in jedem Bundesland einen einschaltstarken Schlagersender der öffentlich rechtlichen Rundfunkstationen gibt, konnte sich dieser Musikbereich von den Verkaufszahlen her nicht nur halten, sondern es gab eher sogar eine Verbesserung der Lage, da zunehmend auch älteres, meist schlageraffines Publikum dazu übergeht sich Musik in digitaler Form zusätzlich zu kaufen. ‚Schlager‘ macht dennoch weniger als 3%-4% bei Track Downloads und nur ca um die 6% bei Albumverkäufen (CDs) in Deutschland aus.

Verkäufe im Ausland können auch nichts retten:
International (d.h. konkret: ausserhalb des deutschen Sprachraums!) konnte bis auf ein einziges überhaupt gar kein neues deutsches Talent von sich reden machen. Nur The Baseballs gelang der Sprung in ausländische Verkaufscharts. Im recht winzigen Musikmarkt Finnlands belegten The Baseballs sowohl Platz 1 in den dortigen Album, als auch Platz 1 in den Single Charts. Hinzu kommen ein paar deutsche DJs, die besonders in Polen und Russland zu nennenswerten Platzierungen in den Club- und Radio- Airplaycharts kamen, ohne jedoch vorher in Deutschland chartmäßig ins Auge gefallen zu sein.

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18 Comments
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marlene
marlene
16. Dezember 2009 23:20

an den Artists liegt das nicht, es gibt wirklich gute Stimmen in Deutschland. Auch wenn die Alben nicht in den Top 100 landen, ist teils sehr gutes Material dabei……….

Die Castingformate in Deutschland sind meines Erachtens die Ursache….., ein Künstler nach dem anderen wird produziert und wieder weggeworfen (wie Müll). Meist sind es ja Ableger von anderen Castingformaten z.B. UK. Werden die nicht sogar von denen gesteuert bzw. haben die Rechte darauf?

Mich wundert da gar nichts mehr……..Ein Boykottaufruf von DSDS und Popstars wäre die richtige Antwort…….., das öffentlich rechtliche sollte dagegen mit Musiksendungen und Newcomern auch eine Chance geben. Die Privaten pressen ja doch ausschließlich Kohle aus den Teilnehmern….bis auf einzelne hat doch kaum einer ne gerechte Chance…..

Guy Incognito
Guy Incognito
16. Dezember 2009 22:26

Ich komme ebenfalls aus NRW 🙂

Bine
Bine
16. Dezember 2009 10:58

Ja, Ihr habt auch nicht zum Erfolg deutscher Nachwuchskünstler beigetragen, siehe Eure fast nur negativen und vorverurteilenden Beiträge zu Daniel Schuhmacher!!

shoemaker
shoemaker
16. Dezember 2009 01:48

Vollste Zustimmung, Olaf!!!
(..auch, was die „Vermutungen“ angeht).

Gloggsi
Gloggsi
16. Dezember 2009 01:23

..tja an was mag das liegen?…An den Radio-Hörern sicher nicht, den die wollen ja die jungen Talente wie Daniel Schuhmacher, Thomas Godoj, Sarah Kreuz und wie sie alle heissen mögen hören. Egal bei welchem Sender man den Wunsch äussert, die selbe Antwort…die spielen wir nicht…entspricht nicht dem Geschmack der breiten Hörermasse…und Ähnliches. Wie bitte kann ein junges Talent Fuß fassen , wenn ihm/ihr auf seinem/ihrem Weg mehr Steine vor die Füsse geworfen werden, als er/sie erklettern kann?
Werbung findet nur für Stars statt, die sowieso schon jeder kennt und die sowieso ständig und bis zum Ohrenrauskommen in den Sendern gespielt werden…bin viel im Auto unterwegs…auf der letzten längeren Fahrt (ca 600km)..Lady Gaga ungelogen 20 mal ihre 3 aktuellen Hits im Wechsel, auf verschiedenen Sendern…wer will das hören?
…muss man sich da noch wundern? Wohl kaum.
Ich denke es wird höchste Zeit die jungen Talente zu förden, wie es im Ausland bereits getan wird… auch Casting Gewinner können mit etwas Werbung und Förderug Stars werden. Beste Beispiele, Leona Lewis, Kelly Clarkson, Paul Potts usw…
wünsche noch einen schönen Abend

Guy Incognito
Guy Incognito
16. Dezember 2009 01:19

Hi,

ich denke wie ihr, der Hauptgrund ist dass die Plattenfirmen einfach zu viele Stellen wegrationalisiert haben, so dass kaum noch jemand da ist um nationale Künstler groß aufzubauen. Da nimmt man wirklich lieber fertige Acts aus dem (europäischen) Ausland, macht sie vielleicht noch schnell fertig für den deutschen Markt (zB neue Version bei Aura Dione) und schickt es ans Radio. Das ist ein weiterer Punkt… Inzwischen wird fast nur noch das zum Superhit, was den ganzen Tag lang durchs Radio dudelt. Und dort werden deutsche Sachen traditionell eher mal abgelehnt, wenn sie nicht gerade von Ich+Ich, Silbermond oder Reamonn kommen. In den Top 50 Airplay-Charts sind gerade mal 5 Songs von deutschen Interpreten (darunter das 9 Monate alte „Stadt“). Vielleicht auch ein Grund, warum die Labels da weniger investieren – wenn die Radiosender lieber skandinavischen Dudelpop spielen als deutsche Newcomer.

Rebo
Rebo
15. Dezember 2009 23:45

Diesmal, was ja nicht immer so ist das wisst Ihr, muss ich Euch zustimmen. Wenn ich mir überlege was für ein Aufwand betrieben wird ausländische Talente hier auf den Markt zu bringen und dann auch sofort in´s Radio – ob Castingstars oder nicht – ist schon bedauerlich. Deutsche Talente haben es dagegen sehr schwer darunter auch Castinggewinner überhaupt im Radio stattzufinden. Da stimme ich Euch zu und hoffe, dass sich mal eine Änderung herbeiführen lässt.

Emy Witt
Emy Witt
15. Dezember 2009 23:31

Ich habe von den angesprochenen Künstlern leider bisher nichts bzw. kaum etwas gehört.
Ich glaube allerdings nicht, dass es an dem „Nachwuchs“ liegt, sondern eher daran, wie man mit ihm umgeht. Das ist ja nun leider in unserem Land nicht nur im Bereich der Musik so. Es fehlt an der Begeisterung für die jungen Talente und die Medien tragen nicht gerade dazu bei, diese zu fördern.
Die Spitzenplätze in den Charts werden doch nicht unbedingt von „guter Musik“ belegt, sondern oft von Künstlern, die „Schlagzeilen“ liefern (die natürlich möglicht negativ sein sollten). Als durchschnittlicher „Radiohörer“ fühlt man sich da doch regelrecht bestraft, denn die von den Sendern versprochene Vielfalt findet nicht statt.
Es wäre doch schön, wenn es einmal einen „Weltstar“ aus Deutschländ gäbe, andere Länder machen sich die doch auch!