Deutscher Musikmarkt 2013:
Wie der Verband der deutschen Musikindustrie (BVMI) Ende August 2013 bekannt gab, ist der Umsatz der deutschen Musikindustrie im 1. Halbjahr 2013 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 2,5% gewachsen (laut eigenen Angaben des BVMI belief sich das Wachstum angeblich aber nur auf 1,5%).
Der Umsatz, der mit dem Tonträgerverkauf erzielt werden konnte stagnierte jedoch praktisch (nahe-Null Wachstum).
Wir beleuchten hier mal eingehend die Sachlage.
Folgendes Bild bietet sich im 1.Halbjahr 2013 im Vergleich zum 1. Halbjahr 2012 auf dem deutschen Musikmarkt:
Gesamtumsatz 1.HJ 2013: 660 Mio €
Gesamtumsatz 1.HJ 2012: 644 Mio €
Wachstum: 2,5%
Umsatz mit physischen Tonträgern (CDs + DVDs + Vinyls)
1.HJ 2013: 498,3 Mio €
1.HJ 2012: 501 Mio €
Rückgang: 0,5%
Umsatz mit Tonträgern in digitaler Form (Musikdownloads)
1.HJ 2013: 131,3 Mio €
1.HJ 2012: 125,0 Mio €
Wachstum: 6,3%
Eine Aufteilung nach Song Downloads, Single Bundles und Download Alben hat die Musikindustrie nicht mitgeteilt. Man darf aber aus der Fortschreibung der Marktentwicklung im Jahr 2012 annehmen, dass bei Songs+Single Bundles ein Umsatzwachstum von 0-3% und bei Alben ein Wachstum der Erlöse von um die 7-8% stattfand.
Gesamtumsatz mit sogennanten a-la-carte Tonträgern:
1.HJ 2013: 629,6 Mio €
1.HJ 2012: 626,0 Mio €
Wachstum: 0,5%
Umsatz mit Musikstreaming u.a. z.B. Radio-on Demand:
1.HJ 2013: 30,4 Mio €
1.HJ 2012: 18,0 Mio €
Wachstum: 68,7%
Da etwa 80% dieser Einnahmen aus ‚Paid-For‘ Accounts generiert werden, kann man annehmen, dass im 1. HJ 2013 nur 200.000 bis maximal 300.000 Deutsche für Musikstreamingdienste ihr sauer verdientes Geld ausgeben. Eine beträchtliche Zahl davon sind jedoch ‚heavy music user‘, die als Intensiv-Tonträgerkäufer natürlich mehr, oder weniger wegfallen. Das scheint sich mit dem feststellbar schleppenden Wachstum beim Umsatz mit digitalen Tonträgern bereits bemerkbar zu machen.
Gab es denn auch ein Stückzahlen-Wachstum?
Informationen über die Zahl verkaufter Stückzahlen sind von der Musikindustrie (wie immer) nicht bekanntgegeben worden. Bei Album Downloads nehmen wir nennenswerte Absatzsteigerungen um etwa 7,5% an (wenn die Preise gegenüber 2012 gleichgeblieben wären). Unter Fortschreibung der 5% Preissteigerung der Jahre 2011 und 2012 (jeweils 5% plus) käme man aber nur auf ein Stückzahlenwachstum von 2,5%. Bei Single Downloads kommt man unter Fortschreibung der Preissteigerung unter Umständen sogar auf leicht zurückgegange Stückzahlen.
Auch bei Album CDs waren 2012 Preissteigerungen zu beobachten, die, falls sie sich 2013 fortgesetzt haben, den Schluß zulassen, dass sich der Album CD Absatz im 1.HJ 2013 im Vergleich zum 1.HJ 2012 um 5% bis 6% verringert hat.
Wir kommen daher zu dem Schluss, dass sich der Absatz von Tonträgern nach Stückzahlen insgesamt im 1. Halbjahr 2013 gegenüber dem 1. Halbjahr 2012 nicht erhöht, möglicherweise sogar leicht abgenommen hat.
Hinweis: Es ist zu beachten, dass die Verbraucher-Endpreise bei Amazon, iTunes, Musicload und dergleichen nicht den Preisen entsprechen, die von den Musikunternehmen diesen Firmen in Rechnung gestellt werden.
Am Rande bemerkt:
Der prognostizierte CD + Download Albumabsatz (Stückzahlen) im Gesamtjahr 2013 wird mit 110 bis 112 Mio um 5% bis 6% über den Zahlen des Jahres 2003 liegen. (2003 wurden aber noch 20 Mio Alben auf Musikkassetten = MC verkauft)
Der Verlust des Musikkassettengeschäfts und der fast vollständige Zusammenbruch des Single CD Marktes im Verlauf des Zeitbereichs 2003 bis 2013 sind die Hauptgründe für die seit praktisch einem Jahrzehnt unverändert gebliebenen Umsatzzahlen der deutschen Musikindustrie. Der immer gerne von der Musikindustrie selbst an die Wand gemalte ‚Untergang der Musikindustrie durch Filesharer‘ hat nie stattgefunden.
Entwicklung deutscher Musikmarkt 2013 bis 2016:
Die Musikindustrie hofft nun mit dem Radio-On-Demand Musikstreaming die eierlegende Wollmilchsau endgültig gefunden zu haben. In den nächsten Jahren soll dieser Sektor der einzige sein, der für einen wachsenden Gesamtumsatz sorgen soll. Der BVMI erwartet bis Ende 2016 fast eine Verzehnfachung der ‚Paid for‘ Streaming Abos in Deutschland, die Mitte 2013 bereits am Laufen sind. Das sollen dann Ende 2016 um die 2,5 Mio sein.
Man darf daher also erwarten, dass die Preise für Musikdownloads und CDs von der Musikindustrie in unfassbarer Weise weiter hochgeschraubt werden, um so die Kunden in die teuren Aboverträge zu zwingen. Dabei müssten bei einem funktionierenden Markt die Preise für Tonträger beträchtlich sinken, wenn das Angebot durch die vielen Streamingdienste massiv ausgeweitet wird. (auch Apple und Google werden früher, oder später auf dem deutschen Markt mit Radio-On-Demand Diensten auflaufen)
Die vom BVMI erwartete Steigerung des Streamingmarktes wird in den nächsten Jahren zudem zunehmend merkliche Auswirkungen auf die Existenz von Webradiosender und irgendwann auch auf ’normale‘ terrestrisch sendende Radiostationen (und deren Programm) haben. Wenn auf Streamingdiensten Musik gehört wird, kann eben nicht gleichzeitig das Radio laufen…
Selbst auf die Höhe der GEMA Ausschüttungen für Komponisten und Songtexter wird das Streaming Auswirkungen haben. Die werden nämlich sinken, da die GEMA in diesem Sektor durch einen erzwungenen Vergleich mit niedrigen Vergütungsraten nicht so hohe Erträge erzielen wird, wie bei Abspielungen bei Radiostationen. Bis 2016 werden sich aber die Auswirkungen des Streaming-Wachstums wahrscheinlich noch in Grenzen halten.
Info:
Die meisten obigen Informationen zum deutschen Musikmarkt 2013 bzw. 2012 haben wir offiziellen Presse-Bulletins des BVMI entnommen, siehe hier:
Mitteilung 2012
Mitteilung 2013
Seltsam ist, dass sich die aktuelle BVMI Meldung bezüglich der Umsatzentwicklung 2013 nicht auf die im August 2012 vom BVMI selbst veröffentlichten Halbjahresdaten 2012 bezieht. Die Abweichungen kann nur der BVMI erklären. Entweder es werden richtige Daten veröffentlicht, oder falsche. Ein 100,5% Wachstum im Musikstreaming im 1.HJ 2013, wie vom BVMI behauptet, können wir jedenfalls keines feststellen. Es belief sich, gemäß den nachlesbaren Informationen des BVMI lediglich auf 68,7%.
Auf die (gar nicht so tollen) Zahlen kommen die auch nur aufgrund der hohen Preise für CDs und die unverschämt teueren Limited Editions mit T Shirt und ähnlichem die zwischen 30-80 Euro – nahezu immer nur von deutschen Künstlern – die den Umsatz antreiben.