Was kostet es eigentlich ein neues Album zu promoten? Erhellendes dazu hat die französische Musikindustrie offiziell verlautbart:
Im Jahr 2014 gaben die französischen Niederlassungen der 3 großen Musikkonzerne (Universal Music France, Sony Music France und Warner Music France) zusammen 44 Mio € für die Promotion-Aktivitäten bezüglich der 242 im Jahr 2014 in Frankreich vermarkteten neuen Alben französischer Künstler aus. Im Schnitt also kostet die Promotion eines neuen Albums 182.000€. 13 Mio € dieser 44 Mio wurde für Alben der 119 neu ins Repertoire dieser 3 Musikkonzerne aufgenommenen französischen/französischsprachigen Künstler ausgeben. Im Schnitt also um die 109.000€ je Künstler bzw Album.
79 Alt-Verträge mit französischen Künstlern wurden 2014 von den 3 Konzernen übrigens gekündigt.
Man kann davon ausgehen, dass die Album Promotion in Deutschland etwas teurer ist, als in Frankreich, da bei uns ein größerer Markt zu beackern ist. Es kann daher gut sein, dass eine durchschnittliche Albumpromotion (z.B. mit TV Werbespots, Internetspots, Internetwerbung, Zeitungs/Zeitschriftenwerbung, Radiospots, Facebook-Promo, Litfasssäulen, Billboards usw.) in Deutschland 200.000 € bis 250.000€ kostet. Die Zahl der tatsächlich wirklich intensiv beworbenen Alben dürfte eh überschaubar sein. Für diese grob geschätzt 30 bis 50 Alben pro Jahr könnten Promotionbudgets von im Schnitt an die 500.000€ in den Einsatz kommen. Erst ab 50.000 verkauften Alben aufwärts wird bei so stark promoteten Alben Gewinn möglich sein.
Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, wieviele Musik-Titel die 3 Musikkonzerne den französischen Radiostationen vorgestellt haben. Es erscheint uns logisch nachvollziehbar, dass ein Album ja eher erfolgreich sein müsste, wenn Leadsingles bzw Singleauskopplungen daraus im Radio gespielt werden. Hier gibt es für Frankreich einen schweren Einbruch zu vermelden. Nur noch 11,5% aller neu im französischen Radio ausgestrahlten Titel stammten von Künstlern aus Frankreich. Vor 7 Jahren waren das noch fast 25%. Trotzdem erreichte der Absatzanteil von Alben francophoner Künstler 2014 einen utopischen Höchstwert jenseits der 75%…
Insgesamt wurden 708 verschiedene Titel französischer Künstler im französischen Radio ausgestrahlt. Das sind 24% weniger, als noch vor 7 Jahren. Die Zahl der Hörerkontakte nahm gar um 31% von 68 Mrd (2007) auf 47 Mrd im Jahr 2014 ab, da die Sender die Ausstrahlung von Songs französischer Künstler in ‚hörerarme‘ Zeiten verlagerten. (Der Radio Hit des Jahres 2014 in Frankreich war ‚Happy‘ von Pharrell Williams mit 1,9 Mrd Hörerkontakten. Alle Songs von Avicii kamen 2014 im französischen Radio auf 2,5 Mrd Hörerkontakte)
Des weiteren wurden im Jahr 2014 448 neue Titel französischer/französischsprachiger Künstler im französischen Radio mindestens 1 mal gespielt. Das sind immerhin 7% mehr als 2013. Aber nur ganze 10 dieser 448 neuen Titel machten 75% aller Abspielungen dieser 448 Songs aus…
Trotz der relativ großen Zahl neuer Titel ist es in Frankreich also so, dass sich vor allem auch die wichtigen Jugend-Radiosender 2014 bei der Ausstrahlung im Grunde auf nur 10 neue Titel konzentrierten. Bei 4 großen ‚Jugend-Radiosender‘ Frankreichs kamen die 50 meistgespielten NEUEN Titel francophoner Künstler auf glatte 100% der Abspielungen, was neues francophones Repertoire betrifft. Das heisst, dass nur 50 der insgesamt 448 neu im Radio erschienenen francophonen Songs von den jugendaffinen Radiosendern überhaupt gespielt wurden.
(untersuchte Sender: NRJ, Skyrock, Funradio und Virgin Radio. Francophon‘ bedeutet auf französisch gesungen, oder von Franzosen maßgeblich produziert und interpretiert. ‚francophon‘ beinhaltet daher auch französischsprachige Musikproduktionen aus den französischsprachigen Landesteilen Kanadas, Belgiens, der Schweiz und Afrika).
(Quelle: Observatoire de la radio/Yacast)
Insgesamt gelangten 2014 22 der 448 im Jahr 2014 neu herausgekommenen Songs französischer/französischsprachiger Interpreten der Sprung in die Top 100 der im Radio meistabgespielten Songs des Jahres 2014. Das sind 30% weniger, als noch 2007. Weitere 12 Songs französischer Künstler, die vor 2014 veröffentlicht wurden (meist aus dem Jahr 2013 stammend) gelangten 2014 ebenfalls in die Top 100 Liste. Insgesamt also 34.
In Deutschland waren es im Jahr 2014 lediglich 15 Hits von 12 deutschen Künstlern, die es mit ihren Hits in die Radio Jahres Top 100 geschafft haben…
Die Top 100 meistgespielten Songs machten 2014 26,9% aller Spins von Pop-Songs im französischen Radio aus. Das ist der höchste je gemessene Anteil (2007 z.B. waren es erst 22,9%).
Es ist bei französischen Radiosendern eine zunehmende Konzentration der Abspielungen auf relativ wenige Titel zu beobachten, die gnadenlos durchgenudelt werden, wobei gerade in den Haupteinschaltzeiten immer weniger Titel französischer/francophoner Künstler eingesetzt werden.
Musikmarkt Frankreich im Jahr 2014:
Sowohl in Deutschland, als auch in Frankreich widersprechen die Verkaufszahlen bei Alben in eklatanter Weise den Radioabspielwerten. Fast 60% des Musikabsatzes in Deutschland, waren von deutschen Künstlern bzw. waren deutschsprachig. In Frankreich erreichte der Anteil französischer bzw. auf französisch singender Interpreten insgesamt sogar 74% des Gesamtumsatzes. Die gesamten Jahres Album Top 10 in Frankreich belegen 2014 francophone Künstler.
Das ist natürlich mit der zuvor geäusserten Vermutung, dass geringeres Radio-Airplay den Albumabsatz negativ beeinflusst auf den Ersten blick nicht in Übereinstimmung zu bringen. Es ist jedoch so, dass sich das Radioairplay, besonders was francophone Titel betrifft, zunehmend auf eben die Top Künstler mit erfolgreichen Alben konzentriert.
Album Hits des Jahres in Frankreich 2014:
1. ‚Racine Caree‘ von Stromae (aus Belgien, Verkaufszahl insgesamt seit Veröffentlichung: fast 2 Mio Einheiten, davon 2014: ca 0,75 Mio (bis Sept 2014 0,65 Mio), 2013: 1,16 Mio, offiziöse Infoquelle )
2. ‚Kendji‘ von Kendji Girac (Sieger einer Castingshow 2014, Verkaufszahl 500 TSD bis 650 TSD)
3. ‚Mini World‘ von Indila (Verkaufszahl 500 TSD bis 650 TSD).
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96. Milky Chance – Sad Necessary
(einziges in den Jahres Album Top 200 vertretenes Album eines deutschen Musik Acts)
Single Hits des Jahres in Frankreich 2014:
1. Pharrell Williams – Happy (USA)
2. Lily Wood & The Prick & Robin Schulz – Prayer In C (F/DE)
3. Sia – Chandelier (AUS)
4. Indila – Dernière Danse (F)
5. Milky Chance – Stolen Dance (DE)
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8. Mr Probz & Robin Schulz – Waves (NL/DE)
Enttäuschend: Nur eine einzige ‚echte‘ deutsche Musik-Produktion einer unabhängigen Plattenfirma gelangte in die Single Top 200 des Jahres in Frankreich.
Insgesamt erreichte die Musikindustrie in Frankreich im Jahr 2014 ohne die Einnahmen aus der Rechteverwertung einen Jahresumsatz von 460,4 Mio € (7,08€ pro Kopf der Bevölkerung, Deutschland 2014: ca. 18,23€ pro Kopf)
Der Entwicklung des Umsatzes gegenüber 2013: -5,3%. (Deutschland: +1,8%).
Der Umsatz mit Songs-Downloads über das Internet nahm 2014 um 19% auf 21,6 Mio € ab (das entspricht in etwa einer Verkaufszahl in Stück von 27 Mio). Der in Frankreich noch vor 4 Jahren bedeutende Verkauf von Songs über Handys ist 2014 durch einen Einbruch von -82% bedeutungslos geworden (Umsatz nur noch 0,3 Mio €).
Der Umsatz mit Albumdownloads sank ebenfalls um 19% auf 27,5 Mio € (entspricht etwa 3,6 Mio Stück).
Der Album CD / Album Vinyl Umsatz verringerte sich 2014 in Frankreich um 11,5% auf 325 Mio € (Absatzzahl: 24,9 Mio Stück, davon 672.000 (+42%) Album Vinyls).
Der Albumabsatz insgesamt verringerte sich 2014 gegenüber 2013 um knapp 13% auf 28,5 Mio. (Deutschland ca. 100 Mio, ca -1,5%)
Die Zahl der ausgelieferten Audiostreams stieg 2014 in Frankreich um 40% auf 12 Mrd. Der Anteil der 52 wöchentlichen Top 200 Titel an diesen 12 Mrd belief sich nach unserer Schätzung auf 20% bis 25%.
Info: An Hand der Daten der aktuellen Woche (7/2015) würde die Nummer 2 am französischen Streamingmarkt, das Unternehmen Spotify, mit den Top 200 meistabgespielten Titeln aufs Gesamtjahr hochgerechnet 742 Mio Streams ausliefern. Wir schätzen den Marktanteil von Spotify in Frankreich auf maximal 30%. Marktführer mit 55-70% ist Deezer.
Die Zahl der ‚zahlenden‘ Streaming Abonnenten erhöhte sich um 0,56 Mio (39%) auf 2 Mio. Die Zahl der ‚Gratis Nutzer‘ soll 9 Mio betragen. Sollte man annehmen, dass es tatsächlich 2 Mio Abonnenten gibt, die im Schnitt den Normalpreis von 9,99€ monatlich zahlen, müsste eigentlich allein im Abobereich ein Umsatz von 109 Mio € ausgewiesen werden (laut Mitteilung gehen 45,6% der Abogebühr direkt an die Musikindustrie). Tatsächlich bringt das Abo-Streaming laut Statistik der französischen Musikindustrie aber nur einen Umsatz von 48 Mio €. Werbefinanzierte Gratis-Streams (das sind 70% bis 75% aller Streams) erwirtschaften einen Umsatz von 13,1 Mio €.
Es ist daher anzunehmen, dass ein sehr großer Anteil der Abos gesponsort werden (z.b. alle wichtigen in Frankreich aktiven Streamingdienste kooperieren mit je einem Mobilfunkunternehmen). Wir vermuten, dass Kunden, die tatsächlich ein 10€ Premium-Monatsabo bezahlen ganz klar in der Minderheit sein müssen.
Hierbei gilt es zu bedenken, dass der ‚Durchschnitts-Franzose‘ über 12 Jahre bis 65 Jahre für den Erwerb von Tonträgern im Jahr nur rund 4,60€ ausgibt. (Abgezogen sind die 4,5% der Franzosen, die als ‚heavy buyer‘ mit 80€ je Kopf pro Jahr für knapp 50% des Tonträgerumsatzes sorgen).
11 Mio € Umsatz erwirtschaftet die franz. Musikindustrie mit Werbeeinnahmen aus dem Videostreaming.
Musikmarkt Frankreich und Deutschland: Audio Streaming – ein aufkommendes Einnahme-Problem für einheimische Interpreten und Musik-Autoren?
Die oben erwähnten sehr hohen Umsatzwerte für sogenanntes lokales Repertoire, die durch hohe Albumverkaufszahlen geprägt sind, könnten möglicherweise mittelfristig der Vergangenheit angehören. Obwohl es wohlweisslich keine Statistiken der Musikindustrie darüber gibt, stellen wir fest, dass sich sogenanntes lokales Repertoire bei den zunehmend umsatzträchtiger werdenden Streamingdiensten, die extrem songbasiert sind, ganz stark im Hintertreffen befindet.
In den aktuellen französischen Wochencharts des Streaminganbieters Spotify zum Beispiel findet man nur 14 französischsprachige Titel und 3 englischsprachige mutmaßlich mehrheitlich französische Musikproduktionen. Insgesamt also 17.
In den deutschen Spotify Charts befinden sich 9 deutschsprachige Titel (meist ausserhalb der Top 50) und 2 maßgeblich von Deutschen produzierte englischsprachige Songs. Insgesamt bei uns also nur 11. (Zum Vergleich: Schwedens Spotify Top 100 der aktuellsten Woche mit 21 einheimischen Produktionen)
Der Anteil der Abspielungen von Songs lokaler Künstler an den Abspielungen aller Top 100 Titel bei Spotify unterschreitet aktuell sowohl in Deutschland, als auch in Frankreich die 10% Marke. Das ist ganz schwach! (Zum Vergleich: Schweden mit ca. 16,8%).
Eine goldene Zukunft für das lokale Repertoire sähe unserer Ansicht nach denn doch ganz anders aus. Man sieht an den Beispielen Norwegen, Schweden und Dänemark, dass bei einem Zusammenbruch des Album CD Marktes, wie er in den nordischen Ländern aktuell zu beobachten ist, die einheimischen Künstler (d.h. die Interpreten, Texter und Komponisten) eine ihrer Haupteinnahmequellen zumindest im Inland zu einem ganz erheblichen Teil verlustig gehen. Entsprechendes vermelden auch die Musikindustrieorganisationen dieser Länder. Das aber natürlich nur kleingedruckt und kleinlaut.
Problem ist, dass die Nachfrage bei Streamingdiensten schon eine gewisse Korrelation zur aktuellen, aber auch zur historischen Radiodiffusion aufweist. Im Radio beherrschte und beherrscht eben Englischsprachiges aus Amerika und England den Äther. Wobei in Frankreich durch ein Gesetz die Radioabspielungen einheimischer Künstler stark gefördert werden und wurden. Dieses Gesetz gilt aber naturgemäß nicht für Streamingdienste und wirkt sich indirekt durch den vergleichsweisen hohen Radiomarktanteil dennoch nur ziemlich eingeschränkt auf die Streaming Nachfrage aus. Umso dringlicher ist es für einheimische Künstler, den Weg ‚ins Ausland‘ zu schaffen, um dort an viele ‚Plays zu kommen‘. Das gelingt nur praktisch keinem aus Frankreich, geschweige denn aus Deutschland.
Zusammenfassung Musikmarkt Frankreich 2014:
Die Kennzahlen
GESAMT: 460 Mio € Umsatz
Song Downloads: ca. 27 Mio Stück (-19%)
Album Downloads: ca. 3,6 Mio Stück (-19%)
Album CDs: 24,3 Mio Stück (-11%)
Vinyl Alben: 0,7 Mio Stück (+42%)
Audio-Streams: 12 Mrd (umgerechnet in Song Download Äquivalenten 1 zu 100 á la UK: 120 Mio) (+40%)
Umsatzanteil des ‚lokalen‘ Repertoires (francophon) am Gesamtumsatz: 74%.
Video Streams: 11 Mio € Umsatz (+49%), grob geschätzt 3 bis 4 Mrd Musikvideostreams.
Gratis Audio Streams: 13 Mio € Umsatz (+20%). Umsatz je 1000 Streams: ca. -20%.
Aussichten für 2015:
Auch 2015 kann man nicht davon ausgehen, dass der französische Musikmarkt auf einen Wachstumspfad einschwenken wird. Ganz im Gegenteil. Es könnte sogar sein, dass sich im laufenden Jahr der Umsatzrückgang beschleunigen wird. Erst ein Wirtschaftsaufschwung, der die Jugendarbeitslosigkeit signifikant reduziert, könnte eine Trendwende bringen. Der ist aber nicht in Sicht.
Die Bedeutung des Streamings (Audio + Video) wird 2015 auf 20% bis 25% Marktanteil zunehmen. (2014: 16%)
(Quellen: musikindustrie.de, snepmusique.com, Spotify und eigene Datenermittlungen)
Hi @all Was das Stromae Album Racine Carrée betrifft müssen wir präzisieren. Da muss Salems Einspruch stattgegeben werden. Racine Carree wurde 2013 1,16 Mio mal verkauft, 2014 etwa 0,75 Mio mal. Wir hatten zunächst nur die Gesamtverkaufszahl des Albums seit Veröffentlichung angeben! Dennoch entsprechen diese 0,75 Mio einem Jahresmarktanteil am französischen Albummarkt von fast 3%. Helene Fischer kommt in diesem Jahr mit Farbenspiel auf ca 1,15 Mio bis 1,3 Mio Verkäufe, was etwa einem Anteil von 1,1% bis 1,3% am Gesamtmarkt bedeutet. Weitere 300 TSD bis 400 TSD Alben früherer Veröffentlichungen konnte die Fischer zusätzlich verkaufen. In Deutschland ist ein Jahresmarktanteil eines Albums von mehr als 1% was ziemliches Ungewöhnliches, in Frankreich hingegen kommt das öfter vor. Man darf nicht vergessen, dass auch Indila und Kendji Girac beide jeweils um die bis über 600.000 Einheiten verkaufen konnten. Die Top 3 zusammen kommen somit auf fast 10% aller Albumverkäufe in Frankreich. In Deutschland kommt nach Farbenspiel die große Leere. Kein anderes Album konnte, so wie die Datenlage derzeit ist, klar mehr als 500 TSD Stück verkaufen (das wäre 5fach Gold). Der Marktanteil der Top 3 Alben in Deutschland liegt somit bei kaum über 2% des Gesamtmarktes. Kendji Girac ist nebenbei bemerkt… Weiterlesen »