Keine gute Presse in Deutschland haben derzeit die deutschen ESC 2013 Vorentscheidungssieger Cascada, sowie die Vorentscheid-Veranstaltung insgesamt.
Laut Thomas Schreiber, Chef der Abteilung ‚Unterhaltung‘ bei der ARD, wurde ein musikwissenschaftliches Gutachten bezüglich ‚Glorious‘ in Auftrag gegeben. Es soll so zweifelsfrei festgestellt werden, dass Glorious kein Plagiat vom Vorjahres-ESC Siegersong ‚Euphoria‘ ist. Angeblich sollen Teile von Glorious zudem nicht von Euphoria entlehnt worden sein, sondern von dem Song ‚Don’t You Worry Child‘ der schwedischen Formation ‚Swedish House Mafia‘.
Das Ergebnis (nämlich, dass Glorious KEIN Plagiat von Euphoria, oder eines anderen Songs ist) steht natürlich schon felsenfest.
Es handelt sich also wahrscheinlich mehr um eine Art von ‚Spaßprüfung‘. Die Prüfung werde nur gemacht, so Schreiber, damit die Produzenten des Songs mit Hilfe der unabhängigen Facheinschätzung ‚überzeugende‘ Munition zur ihrer Verteidigung an der Hand haben.
Wie dem auch sei, die Nähe zu ‚Euphoria‘ usw. lässt sich einfach nicht ‚weggutachten‘, selbst wenn Gutachter nen Kopfstand mit nachfolgendem dreifachen Salto machen. Plagiat und ‚gewisse Nähe‘ ist aber denn doch noch ein erheblicher Unterschied. Vom Gefühl her ist Glorious natürlich schon ein Euphoria 2.0. Was an Glorious wirklich Eigenkomposition ist und was an Bausteinen von anderen Songs reingerührt wurde, dass wissen nur die beiden Musikproduzenten von Cascada. Unüblich ist es gerade im Dance Bereich nicht, dass man sich bestimmter musikalischer Elemente anderer bedient, das aber meist geschickt verschleiert. Gut geklaut ist halb gewonnen, manchmal sogar ganz…
In ungemütliches Fahrwasser ist der ESC 2013 Vorentscheid sowieso schon geschippert. Kaum ein gutes Haar wird an der ‚Fachjury‚ gelassen, der tendenziöse Punktevergabe vorgeworfen wird. Die Jurymitglieder des Events sollen angeblich denjenigen Künstlern mehr Punkte gegeben haben, die beim gleichen Plattenkonzern einen Vertrag am Laufen haben, wie das jeweilige Jurymitglied selbst. Alle Jurymitglieder (wie auch alle 12 Teilnehmer) haben nen Vertrag mit einem Musikgroßkonzern. Wirklich unabhängige Jurymitglieder gab es keine. Die ganze Veranstaltung war eh ganz fest im Griff der Musikkonzerne. Das zumindest lässt sich nicht wegdiskutieren.
Unbekannt ist jedoch, wie die einzelnen Jurymitglieder überhaupt gevotet haben (aus den ‚geheimen‘? Votings der 5 Jurymitglieder wurde dann am Ende das Gesamtergebnis der Jury errechnet). Logisch, dass bei Unwissen die Unterstellungen ins Kraut schiessen.
Festzustellen bleibt, dass die Idee der ARD den deutschen ESC 2013 Vorentscheid faktisch ‚der Musikindustrie‘ zu überlassen keine Gute war. Eine Enttäuschung auf ganzer Linie. Innovation? ..aber doch nicht mit der verknöcherten deutschen Musikindustrie…Allzuweit sollte man diesen Konzernen nicht über den Weg trauen. Die ARD hingegen hat scheinbar unendliches Vertrauen in die ‚deutsche Musikindustrie‘. Das hat bestimmt Gründe…
Übrigens hat die ‚Plagiatspromo‘ keinen Effekt. Any News is good news gilt halt nicht immmer. Die Verkaufszahlen für ‚Glorious‘ lassen mittlerweile doch arg zu Wünschen übrig. Top 10 ist bei iTunes heute schon futsch (Platz 2 am Freitag, Platz 3 am Samstag, Platz 9 am Sonntag, heute Mittag aktuell Rang 11, jeweils iTunes).
Glorious wird aller Vorraussicht nach den mutmaßlich schlechtesten Charteinstieg für einen deutschen ESC Beitrag seit 2009 hinlegen (für die offiziellen Charts ist zu beachten, dass Glorious bei iTunes für lediglich 0,99€ verkauft wird, was sich merklich nachteilig auf die Platzierung der nach Umsatz berechneten sogenannten ‚offiziellen‘ Single Charts auswirken wird).
Nach einem deutschen ESC Siegerbeitrag riecht es jedenfalls nicht. Es duftet dann doch eher nach Mittelmaß. Anstatt Chanel No 5 nur Eau de Cologne à la Bonne.
Die ‚Plagiatsdiskussion‘ ist musikalisch ziemlich schwach, zumindestens was Euphoria anbelangt.
Zwar ist der titel stilistisch sehr stark , äh, ‚angelehnt‘, aber rechtlich nicht als plagiat zu belangen. Dazu müssten accordfolgen oder melodie in teilen gleich sein, sind sie aber nicht. Es ist das selbe schema das Bohlen seit jahrzehnten anwendet, platt, aber nicht strafbar.
Wesentlich heftiger ist die verwendung einer art bridge die praktisch von Swedish House Mafia ‚Don’t You Worry Child‘ übernommen zu sein scheint. Wenn man deren Live video auf deren VIVO channel (Youtube) ab 1:35 mit dem offiziellen Glorious video ab ca 1:15 vergleich scheint nicht nur accordfolge sondern die ganze bridge inklusive instrumentierung übernommen. In der accordfolge scheinen nur einige wenige verschiebungen eingefügt worden zu sein, ob das zur seperation reicht ist unklar.
Nicht zuletzt muss man drauf hinweisen das eine plagiatsklage normalerweise vom plagiierten stammt. Und wo kein kläger, da kein richter. Nun haben sich die Euphoria autoren positiv zu Glorious geäussert, bei SHM weiss ich nicht ob es dort bereits eine äusserung dazu gibt.
Die erfolgsaussichten scheinen so schlecht nicht. Der europäische fanblock wird sicherlich Cascada vor einem absturz bewahren. Ich tippe mal auf einen platz knapp in der Top10.
Es bleibt spannend.